Einst galten Negativzinsen, Minuszinsen oder auch Strafzinsen als absolute Ausnahme. Infolge der EZB-Geldpolitik sind sie mittlerweile Dauerzustand geworden und längst beim Kleinsparer angekommen. In diesem umfassenden Beitrag stellen wir dar, was wichtig ist – wie Negativzinsen Bestandskunden von Banken betreffen und was man tun kann, um das Verwahrentgelt zu vermeiden.
Im Überblick
● Negativzinsen sind eine Folge der EZB-Geldpolitik und führen bereits seit einigen Jahren zu einem akuten Anlagenotstand;
● Immer mehr Banken sind dazu übergegangen, Strafzinsen in Rechnung zu stellen – in der Regel als Verwahrentgelt;
● Mit der Absenkung von Freibeträgen ist der Kreis der betroffenen Kunden immer größer geworden. Auch “normalen” Bankkunden droht das Verwahrentgelt;
● Die rechtliche Zulässigkeit von Minuszinsen ist umstritten. Die Rechtsprechung dazu ist uneinheitlich, ein höchstrichterliches Urteil steht aus;
● Es gibt verschiedene Ansätze, um die Berechnung von Negativzinsen zu verhindern. Besonders aussichtsreich ist das Sachwerte-Investment – nicht zuletzt wegen der deutlich besseren Renditeperspektiven;
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- 1. Was sind Negativzinsen? Negativzinsen einfach erklärt
- 2. Warum gibt es Negativzinsen?
- 3. Wie werden Negativzinsen berechnet?
- 4. Wer muss Negativzinsen zahlen?
- 5. Wo muss ich mit Negativzinsen rechnen?
- 6. Was bedeuten Negativzinsen für Sparer?
- 7. Was kann ich gegen Negativzinsen tun?
- 8. Weitere Fragen und Antworten zu Negativzinsen?
- 9. Fazit
- Quellen
1. Was sind Negativzinsen? Negativzinsen einfach erklärt
Negativzinsen stellen in gewisser Weise eine verkehrte Welt dar. Als Sparer und Anleger erwartet man üblicherweise, für seine Geldanlage von der Bank etwas zu bekommen: nach gewisser Zeit das angelegte Geld zurück und noch etwas mehr – nämlich Zinserträge.
Bei Negativzinsen verhält es sich genau umgekehrt – hier muss der Sparer der Bank dafür Zinsen zahlen, dass er bei ihr Geld anlegen darf. Statt Zinserträgen werden Zinsverluste realisiert. Die Geldanlage wird so zum Minusgeschäft.
Längst nicht immer werden Negativzinsen so genannt. Bei Banken heißen sie meistens Verwahrentgelt. Das klingt positiver und legt nahe, dass das Institut für eine Leistung entlohnt wird – die Geldverwahrung. Es gibt auch rechtliche Gründe, um die Bezeichnung “Negativzinsen” zu vermeiden, denn das deutsche Schuldrecht kennt an sich keine Negativzinsen.
Trotzdem handelt es sich beim Verwahrentgelt wirtschaftlich gesehen eindeutig um Negativzinsen. Sie werden genauso berechnet wie Zinsen mit negativem Vorzeichen. Andere gängige Synonyme für Negativzinsen sind Minuszinsen oder Strafzinsen – vor allem außerhalb der Bankenwelt sind das gebräuchliche Begriffe. Sie betonen den Negativcharakter dieser besonderen Zinsen noch stärker.
2. Warum gibt es Negativzinsen?
Negativzinsen haben wir in erster Linie der Europäischen Zentralbank (EZB) zu verdanken. Diese verfolgt seit der Finanzkrise 2008 und der später nachfolgenden Eurokrise eine “Politik des billigen Geldes” mit niedrigen Zinsen. Die Leitzinsen der EZB wurden im Zuge dieser Politik immer weiter gesenkt und befinden sich seit Jahren auf einem Rekordtief.
Bei Anlagezinsen ist vor allem der EZB-Einlagenzinssatz – die sogenannte Einlagefazilität – maßgeblich. Das ist der Zinssatz, zu dem Banken überschüssige Liquidität kurzfristig bei der Euro-Notenbank parken können. Seit 11. Juni 2014 ist dieser Zinssatz negativ und seit 18. September 2019 liegt er unverändert bei -0,5 Prozent.
Die Banken müssen also selbst bei der EZB für kurzfristig angelegtes Geld eine Art “Verwahrentgelt” zahlen. Zugleich können sie sich bei der EZB kostenlos Geld besorgen. Der dafür geltende Zinssatz – der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz – liegt seit 16. März 2016 bei 0,0 Prozent.
Die Konsequenz ist: Banken haben angesichts billiger EZB-Alternativen nur mäßiges Interesse an den Einlagen ihrer Kunden. Die Zinssätze im Einlagengeschäft wurden parallel zur EZB-Politik immer niedriger und gerade bei größeren Beträgen negativ, um unerwünscht hohe Geldzuflüsse von Kunden abzuwehren.
3. Wie werden Negativzinsen berechnet?
Grundsätzlich legt jedes Institut die Höhe des Verwahrentgeltes selbst fest. Häufig werden -0,5 Prozent pro Jahr Minuszinsen, Negativzinsen oder auch Strafzinsen fällig, bei einzelnen Banken bis zu -1 Prozent. Die meisten Banken, die Negativzinsen Bestandskunden und/oder Neukunden in Rechnung stellen, orientieren sich an der EZB-Einlagenfazilität. Der dort geltende Zinssatz wird 1:1 an die Kunden weitergegeben. Niedrigere Negativzinssätze sind die Ausnahme, höhere Negativzinsen als von der EZB selbst gefordert kommen bislang noch sehr selten vor.
Durchgängig werden Strafzinsen erst ab bestimmten Freibeträgen berechnet. Auch hier definiert jede Bank die geltenden Freigrenzen selbst. Dabei ist in den letzten Jahren ein Trend zur Absenkung der Freigrenzen zu beobachten gewesen.
Fielen Negativzinsen zunächst vorwiegend ab Beträgen über 100.000 Euro an, findet man inzwischen häufig 50.000 Euro, 25.000 Euro, auch 5.000 Euro als Freibetrag. Vereinzelt wird sogar ganz auf einen Freibetrag verzichtet. Negativzinsen fallen dann schon ab dem ersten Euro an.
Je niedriger der Freibetrag ist , umso mehr Kunden sind von Minuszinsen betroffen. Manche Institute differenzieren bei den Freibetragsregelungen nach Bankprodukten oder nach Kundengruppen. Im Firmenkundengeschäft sind dann zum Beispiel andere Freigrenzen definiert als im Privatkundengeschäft.
Manchmal gelten die Freibeträge pro Konto, manchmal pro Kunde. Das macht einen erheblichen Unterschied aus. Bei Freibeträgen pro Kunde kann man zum Beispiel nicht durch zusätzliche Konten bei der gleichen Bank seine Freigrenzen erhöhen. Strafzinsen werden typischerweise bei Einlagen auf Girokonten, Geschäftskonten und Tagesgeldkonten berechnet. Bei Festgeldanlagen wird eher ganz auf das Angebot des Produktes verzichtet.
Bei “klassischen” Spareinlagen sind die Banken mit der Berechnung von Verwahrentgelten noch sehr vorsichtig, da die rechtliche Zulässigkeit in diesem Bereich besonders strittig ist. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat entsprechend gegen eine deutsche Großbank geklagt – der Ausgang des Verfahrens ist (Stand Februar 2022) offen.
3.1 Wie funktioniert die Berechnung?
Maßgeblich für die Berechnung eines Verwahrentgelts ist üblicherweise der jeweils festgestellte Tagessaldo auf einem Konto. Wenn dieser den eingeräumten Freibetrag übersteigt, wird das Verwahrentgelt auf den höheren Differenzbetrag berechnet.
Bei der Berechnung wird oft ein Jahr mit 360 Tagen und 12 Monaten à 30 Tage unterstellt. Das Verwahrentgelt wird meist mit dem nächsten Rechnungsabschluss fällig. Bei Girokonten und Tagesgeldkonten findet der Rechnungsabschluss in aller Regel zum Quartalsende statt.
Beispiel
Es gilt ein Verwahrentgelt von -0,5 Prozent und ein Freibetrag von 25.000 Euro. Der aktuelle Tagessaldo beträgt 35.000 Euro. Dann ist für das Verwahrentgelt der Differenzbetrag von 10.000 Euro die Berechnungsgrundlage. Bei einem 360-Tage-Jahr fallen pro Tag 10.000 Euro x 0,005 x 1/360 = 0,14 Euro an.
Tipp: Minuszinsen berechnen
Mit unserem Negativzinsrechner lässt sich ganz einfach ausrechnen, wie viel Negativzinsen Bestandskunden für ihr Erspartes bezahlen müssen. Einfach Anlagebetrag und Anlagedauer eingeben und Berechnung anstoßen. Das Ergebnis ist ernüchternd. In den Erläuterungen zum Negativzinsrechner sind noch wesentlich mehr Infos enthalten, wie die Berechnung genau funktioniert.
4. Wer muss Negativzinsen zahlen?
4.1. Negativzinsen Bestandskunden / Neukunden
Betreffen Negativzinsen Bestandskunden oder Neukunden? Die Antwortet lautet: beide. Die Banken müssen allerdings bei Bestandskunden explizit deren Zustimmung einholen, wenn das Verwahrentgelt nachträglich eingeführt wird.
Eine in der Vergangenheit häufig angewandte Methode, Verwahrentgelte mit unterstellter stillschweigender Zustimmung des Kunden einzuführen (“Strafzinsen gelten, wenn nicht ausdrücklich widersprochen wird”), ist rechtlich unzulässig. Mehr dazu im Abschnitt “8.1 Sind Negativzinsen rechtens?”.
Bestandskunden, die die Zustimmung zu nachträglich eingeführten Verwahrentgelten verweigern, müssen allerdings damit rechnen, dass die Bank das betreffende Konto kündigt.
4.2 Negativzinsen Privatkunden / Firmenkunden
Minuszinsen wurden zuerst bei Geschäftskonten eingeführt. Da bei Unternehmen und Selbständigen häufiger in größerem Umfang Liquiditätsüberschüsse anfallen, die zeitweilig auf Bankkonten geparkt werden, bot sich dies an. Gleichzeitig handelte es sich um eine zahlenmäßig kleine Kundengruppe.
In einem zweiten Schritt wurden Negativzinsen auch bei vermögenden Privatkunden eingeführt. Hier sind im Rahmen von Geldanlagen ebenfalls Bankeinlagen mit hohen Beträgen typisch und die Zahl der Kunden ist überschaubar.
Die Fokussierung auf beide Kundengruppen ermöglichte es zunächst, Strafzinsen für die große Masse der Kunden zu vermeiden. Je länger es bei der extremen Niedrigzinssituation blieb, umso schwieriger wurde das.
Inzwischen sind immer mehr “normale” Bankkunden mit Negativzinsen konfrontiert. Im Zuge der Absenkung der Freibeträge hat das Verwahrentgelt längst die Masse der Privatkunden – das sogenannte Retail-Geschäft – erreicht.
4.3 Gibt es auch Negativzinsen bei Krediten?
Negativzinsen bedeuten auch bei Krediten eine verkehrte Welt. Der Kreditgeber (die Bank) zahlt dem Kreditnehmer Geld für seine Schuldenaufnahme. Bei Staatsschulden ist diese Konstellation schon länger eine Tatsache. Die Renditen von Bundesanleihen mit Restlaufzeiten von weniger als 10 Jahren sind (Stand Februar 2022) durchweg negativ, was nichts anderes als Negativverzinsung bedeutet.
Bei Privatkrediten bilden Strafzinsen dagegen nach wie vor die Ausnahme. Im regulären Kreditgeschäft kommen sie praktisch nicht vor. Gelegentlich gibt es Negativzins-Angebote im Rahmen von Marketing-Aktionen. Mehr als ein “Verkaufsschlager” soll das aber nicht sein.
Die Angebote gelten meist nur kurze Zeit für überschaubare Kreditbeträge mit kurzen Laufzeiten und setzen erstklassige Bonität voraus. Fazit: alsAls privater Kreditnehmer sollte man nicht unbedingt auf Minuszinsen hoffen.
5. Wo muss ich mit Negativzinsen rechnen?
5.1 Banken mit Negativzinsen
Die Banken waren zunächst sehr zögerlich, Negativzinsen Bestandskunden zuzumuten. Je länger die Niedrigzinssituation anhielt, umso geringer wurde die Zurückhaltung. Immer mehr Institute führten Strafzinsen ein.
Auch die geltenden Freibeträge wurden nach und nach abgesenkt, so dass mehr und mehr “normale” Kunden von Negativzinsen betroffen sind. Ob private oder Geschäftsbank – längst sind Minuszinsen in allen Kreditinstitutsgruppen angekommen. Einen Überblick gibt folgende Liste: (Liste derzeit in Überarbeitung)
5.2 Banken ohne Negativzinsen
Banken ohne Negativzinsen werden immer weniger – aber einige gibt es doch noch. Rechnet man die Institute hinzu, die sich bei den Freibeträgen immer noch recht großzügig zeigen und erst ab hohen Einlagesummen Verwahrentgelte berechnen, lassen sich doch noch Banken und Sparkassen finden, bei denen man Negativzinsen vermeiden kann. Unsere Liste zeigt es: (Liste derzeit in Überarbeitung)
5.3 Werden auch im Ausland Negativzinsen berechnet?
Die Antwort lautet: Es kommt darauf an. Grundsätzlich gelten im Euro-Raum ähnliche Rahmenbedingungen für Banken wie in Deutschland. Auch dort müssen die Institute mit den EZB-Zinsvorgaben leben. Trotzdem bedeutet das noch nicht automatisch Minuszinsen für Kunden. Deutschland ist hier Vorreiter. Die Situation stellt sich in jedem Land anders dar.
In Österreich sind zum Beispiel Negativzinsen auf privaten Sparkonten höchstrichterlich verboten, nicht dagegen auf Girokonten und Geschäftskonten. In der Schweiz – Nicht-Euro-Land und Nicht-EU-Mitglied – berechnen inzwischen etliche Banken, darunter auch Kantonalbanken, ebenfalls Strafzinsen, allerdings erst ab recht hohen Einlagenbeträgen.
Auch im Ausland gilt: jede Bank entscheidet im Rahmen ihrer Geschäftspolitik selbst, ob und in welcher Form sie Negativzinsen an ihre Kunden weitergibt. Die dafür geltenden rechtlichen Spielräume sind mal weiter, mal enger.
6. Was bedeuten Negativzinsen für Sparer?
Man muss es klar sagen: Negativzinsen bedeuten nichts anderes als Vermögensvernichtung – zumindest aus Anleger-Sicht. Das angelegte Geld wird im Zeitablauf immer weniger.
Dazu ein Beispiel: Für 10.000 Euro gibt es bei einem Zinssatz von -0,5 Prozent p.a. nach einem Jahr noch 9.950,- Euro zurück, nach 5 Jahren 9.752,49 Euro, nach 10 Jahren 9.511,10 Euro. Hätte man das Geld bar aufbewahrt – “Omas Sparstrumpf-Lösung” -, blieben zumindest die 10.000 Euro vom Anfang nominal voll erhalten.
Der Vermögensvernichtungseffekt wird durch die laufende Geldentwertung noch verstärkt. Bei positiven Zinssätzen könnten die Zinserträge einen inflationsbedingten Wertverlust zumindest teilweise ausgleichen.
Auch dazu ein Beispiel: Bei einem Zinssatz von 2 Prozent p.a. und einer jährlichen Inflationsrate von 3 Prozent ergibt sich ein Wertverlust von 1 Prozent. Die Zinserträge fangen zwei Drittel des Geldwertverlustes auf.
Wenn der Zinssatz der Inflationsrate entspricht, findet sogar ein vollständiger Inflationsausgleich statt. Liegt der Zins über der Inflationsrate, kommt es trotz Geldentwertung zu einem realen Vermögenszuwachs. Umgekehrt gilt bei Minuszinsen: Anstatt inflationsbedingte Wertverluste (teilweise) zu kompensieren, verstärken Strafzinsen den Verlusteffekt noch. Das Vermögen verliert sowohl nominal und noch mehr real an Wert!
Hierzu ein weiteres Beispiel in Fortführung der beiden vorangegangenen: Nimmt man -0,5 Prozent Zinsen und 3 Prozent Inflation an, dann beträgt das Vermögen nach heutigem Geldwert nach einem Jahr 9.660,19 Euro, nach 5 Jahren 8.412,58 Euro und nach 10 Jahren 7.077,15 Euro. Real macht der Vermögensverlust nach 10 Jahren also fast 30 Prozent aus. Zum Vergleich: Bei einem Zinssatz von +0,5 Prozent würde das Realvermögen nach 10 Jahren 7.821,49 Euro betragen – ein Wertverlust von “nur” knapp 22 Prozent.
In den letzten Jahren spielte die Inflation bei uns nur eine untergeordnete Rolle. Im Zeitraum 2010 bis 2020 überstieg sie nur in einem Jahr geringfügig 2 Prozent, meist lag sie deutlich darunter. Das hat sich 2021 gründlich geändert.
Im Jahresverlauf beschleunigte sich die Geldentwertung bis auf 5,3 Prozent im Dezember – ein seit Jahrzehnten nicht erreichter Wert. Viele sachkundige Beobachter gehen inzwischen auch für 2022 von einer Preissteigerung von deutlich über 2 Prozent aus.
Zwischenfazit
Die Inflation könnte länger bleiben als zunächst gedacht. Für Anlagevermögen bedeutet das eine erhebliche weitere Belastung über die Negativzinsen hinaus.
7. Was kann ich gegen Negativzinsen tun?
Eine ausführliche Antwort auf diese Frage bietet unser Beitrag “Negativzinsen vermeiden“. Darin werden einige interessante Ansätze und Strategien vorgestellt, um Verwahrentgelte erfolgreich zu umgehen. An dieser Stelle und bezogen auf das Thema “Negativzinsen Bestandskunden” sollen daher ein paar stichwortartige Hinweise genügen.
Im Überblick
● Freibeträge optimal ausschöpfen: durch geschickte Kontenaufteilung und Konteneröffnung lassen sich Freibeträge “multiplizieren” und mehrfach nutzen;
● Geld nicht in Bankeinlagen investieren: andere “nichtverzinsliche” Anlageformen (Sachwerte-Investments, Immobilien) bieten mehr Rendite und kennen keine Negativzinsen;
● Kredite vorzeitig tilgen: aktuell die beste verzinsliche Geldanlage – und ganz ohne Minuszinsen. Voraussetzung: der Kreditgeber berechnet keine Vorfälligkeitsentschädigung;
● Investitionen vorziehen: eine Lösung für Unternehmer und Selbständige. Investitionen binden Kapital und reduzieren freie Liquidität mit Negativzins-Potential. Bedingung: die Investitionen müssen sich rechnen;
● Konsum statt Sparen: größere Anschaffungen oder erfüllte Wünsche (“sich etwas gönnen”) stiften einen persönlichen Nutzen, bewirken Entsparen und verringern so das Negativzins-Risiko;
8. Weitere Fragen und Antworten zu Negativzinsen?
8.1 Sind Negativzinsen rechtens?
Die rechtliche Zulässigkeit von Negativzinsen in Deutschland ist umstritten. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung existiert dazu bislang (Stand Februar 2022) nicht, es gab und gibt aber auf unteren Instanzen eine ganze Reihe an Verfahren zu der Thematik.
Die Richtersprüche sind uneinheitlich. Am weitesten ist bisher das Berliner Landgericht gegangen, das in einem vielbeachteten Urteil Strafzinsen auf Giro- und Tagesgeldkonten der Sparda Bank Berlin für unzulässig erklärt hat (Urteil LG Berlin v. 28.10.2021 – Az. 16 O 43/21). In die gleiche Richtung geht ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf. Es erklärte Negativzinsen beim Girokonto der Volksbank Rhein-Lippe für rechtswidrig (Urteil LG Düsseldorf vom 22.12.2021 – Az. 12 O 34/21). Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Andere Gerichte hatten zuvor weniger restriktiv geurteilt. Grundsätzlich gilt ein Urteil immer nur bezogen auf die konkrete Klage in einem einzelnen Fall gegen eine bestimmte Bank. Konsequenz: Wer gegen Minuszinsen vorgehen will, muss dies selbst juristisch durchfechten. Angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung und eines fehlenden höchstrichterlichen Urteils besteht ein nicht unerhebliches Prozessrisiko.
Info
Wichtig beim Thema “Negativzinsen Bestandskunden” ist, dass die Bank nicht einfach einseitig Minuszinsen einführen darf. Sie muss explizit die Zustimmung von Bestandskunden einholen. Hierzu gibt es eine höchstrichterliche Rechtsprechung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Ende April 2021 in einem Urteil generell Bankgebühren für unzulässig erklärt, die unter Voraussetzung des stillschweigenden Kundeneinverständnisses – das heißt: ohne ausdrückliche Zustimmung – eingeführt worden sind. Bei vielen Banken war das bis dahin gängige Praxis (Urteil BGH v. 27.4.2021 – Az.: XI ZR 26/20). Zu solchen Gebühren zählen auch Verwahrentgelte.
8.2 Wo finde ich Angaben zu Negativzinsen?
Die aktuell geltende Höhe des Verwahrentgelts bei Konten für Privatkunden ist dem Preisaushang (Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft) zu entnehmen. Der Preisaushang hängt üblicherweise im Schalterraum jeder Bankfiliale aus und wird auch online zur Verfügung gestellt.
In der Regel liefern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) keine gesonderten Angaben zur Berechnung und Höhe von Verwahrentgelten, sondern verweisen auf den Preisaushang bzw. ergänzend das Preisverzeichnis. Bei einigen Instituten gelten eigene Sonderbedingungen für Verwahrentgelte.
8.3 Kann ich Negativzinsen steuerlich geltend machen?
Für Privatkunden ist das nicht möglich. Steuerrechtlich stellen Verwahrentgelte Bankgebühren dar – auch wenn es sich wirtschaftlich gesehen eindeutig um Negativzinsen handelt. Eine Verrechnung mit anderen Zinserträgen ist daher nicht möglich. Und die Kosten sieht das Steuerrecht mit dem Sparer-Pauschbetrag (801 Euro p.a. für Alleinstehende, 1602 Euro für Ehepaare) bereits als ausreichend berücksichtigt an.
Anders verhält es sich bei Selbständigen und Unternehmen. Hier dürfen Verwahrentgelte steuerlich geltend gemacht werden, soweit sie für Guthaben auf Geschäftskonten berechnet werden. Sie stellen “Nebenkosten des Geldverkehrs” dar und sind “sonstiger betrieblicher Aufwand”. Als Betriebsausgaben mindern sie den zu versteuernden Gewinn.
8.4 Wie wahrscheinlich sind Negativzinsen bei Baukrediten?
Um es kurz zu sagen: sehr unwahrscheinlich. Baufinanzierungen bieten zwar von allen Kreditarten die niedrigsten Zinssätze und die Zinsen für Hypothekendarlehen bewegen sich auf historisch niedrigem Niveau. Trotzdem wollen und müssen Banken mit der Kreditvergabe Geld verdienen und das gelingt ihnen bei Negativzinsen nicht.
Selbst ein zeitlich befristetes “Lockangebot” mit einem Minuszins würde angesichts der hohen Beträge und langen Laufzeiten von Hypothekendarlehen für die Bank ziemlich teuer werden. Realistischerweise ist daher kaum damit zu rechnen.
8.5 Wann kommt das Ende der Negativzinsen?
Angesichts der zuletzt deutlich gestiegenen Inflation mehrerenmehren sich die Stimmen, die einen restriktiveren geldpolitischen Kurs von der EZB fordern. Die lässt allerdings bisher wenig Neigung dazu erkennen und begründet dies mit dem ihrer Ansicht nach überwiegend vorübergehenden Charakter der Preissteigerungen.
Selbst wenn die Inflation sich länger halten würde als gedacht, dürfte die Euro-Notenbank Zinserhöhungen nur sehr zögerlich angehen. Dagegen steht die Angst vor einer neuen Staatsschulden-Krise in der EU und einem Abwürgen der Konjunktur.
Folgt man Äußerungen der EZB-Präsidentin Lagarde und anderer führender europäischer Notenbanker, ist wohl 2022 nicht mit einer Leitzinsanhebung zu rechnen, – wenn , dann frühestens 2023. Konsequenz: Negativzinsen werden uns wohl noch länger begleiten.
9. Fazit
Ob Negativzinsen Bestandskunden oder Neukunden betreffen, sie sind und bleiben ein Ärgernis. Ein schnelles Ende des Verwahrentgelts ist nicht in Sicht. Welche Vermeidungsstrategien möglich sind, haben wir in diesem Beitrag im Überblick dargestellt.
Es geht allerdings nicht nur darum, Negativzinsen, Minuszinsen oder Strafzinsen zu vermeiden. Wesentlich wichtiger ist eine Strategie für gezielten Vermögensaufbau, die zu einer echten Vermögensmehrung führt – nicht nur nominal, sondern auch real.
Unsere Vermögensberatung ist eine gute Möglichkeit, hierfür Ansätze zu entwickeln und umzusetzen. Mit Investments in Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Edelmetallen lässt sich dem Verwahrentgelt und der Inflation ein Schnippchen schlagen.
Quellen
www.test.de, www.verbraucherzentrale.nrw, www.ndr.de, www.n-tv.de, www.manager-magazin.de, www.vzbv.de, www.welt.de, www.vzhh.de, ww.haufe.de;